Statements für Nachhaltigkeit aus dem 3D-Drucker

Sein Geschäftsmodell ist der 3D-Druck, der Einsatz für ein nachhaltiges Wirtschaften seine Leidenschaft. Christian Koch hat am Umwelt-Campus Birkenfeld Umweltwirtschaft studiert und war anschließend rund zehn Jahre lang als Betriebswirt am Institut für angewandtes Stoffstrommanagement im Bereich Kommunal- und Unternehmensberatung als Ansprechpartner für die Themen Erneuerbare Energien und Energieeffizienz tätig. 2021 hat Koch gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Daniel Gluche in Saarbrücken eine Manufaktur gegründet, in der Alltagsgegenstände aus dem 3D-Drucker entstehen. Das Start-up setzt auf Recycling-Materialen. Mit ihrem Ansatz will das kleine Unternehmen ein Statement für ein ressourcenschonendes Wirtschaften setzen, die Kreislaufwirtschaft fördern und zugleich Fluchtursachen bekämpfen.

DHB: Herr Koch, seit 2021 entstehen in Ihrer Saarbrücken Manufaktur Alltagsgegenstände aus dem 3D-Drucker wie zum Beispiel Deko-Objekte, Schmuck oder nützliche Alltagshelfer. Wie kam es zu dieser Idee?

Koch: Mein Mitgründer Daniel Gluche und ich arbeiten seit ein paar Jahren mit verschiedenen Partnerinnen und Partnern in Ostafrika zusammen. Einer davon ist die Firma Clear Wall of Dreams LtD. aus Kampala (Uganda). Das Unternehmen hat es sich zum Ziel gesetzt, das Plastikproblem durch Recycling in den Griff zu kriegen und eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Da die finanzielle Situation von Start-Ups in Ost-Afrika oft schwierig ist, haben wir zusammen Lösungen entwickelt um somit langfristig Fluchtursachen zu bekämpfen. Da wir uns in Deutschland nicht von Spenden abhängig machen wollten, kam uns die Idee, das Ganze wirtschaftlich aufzubauen. Quasi Plastikrecycling für Plastikrecycling. Denn wir produzieren im 3D-Druck ausschließlich mit nachwachsenden Rohstoffen oder recycelten Materialien. Mit einem Teil der in Deutschland erwirtschafteten Mittel finanzieren wir die Grundstruktur von ICC und unterstützen unsere afrikanischen Partner in Uganda bei der Realisierung eines eigenen Start-Ups im Bereich des Plastikrecyclings. An dieser Stelle will ich noch erwähnen, dass wir im Bereich 3D-Druck die Unterstützung von Profis haben. Alexander Petto, Patrick Bonsen und Sebastian „Toggy“ Pfleger unterstützen uns seit Anfang an mit ihrer Expertise. Wobei Toggy auch demnächst bei uns einsteigen wird.

DHB: Wo liegen aus Ihrer Sicht in wirtschaftlicher Hinsicht die größten Potenziale der 3D-Druck-Technologie?

Koch: Ich schaue ungern in die Glaskugel. Viel mehr lohnt es sich zu betrachten, wie sich der 3D-Druck in der letzten Zeit entwickelt hat. Laut unserem Partner Alexander Petto, der sich im Saarland einen Namen als 3D-Druck-Experte gemacht hat, hat sich in den letzten drei Jahren das 3D-Druck-Volumen weltweit verdreifacht. Der verbreiteten Vorstellung, 3D-Druck stelle ausschließlich eine Lösung für Losgröße eins und Prototypen bereit, steht die Tatsache gegenüber, dass 2019 bereits 40 Prozent der industriell gefertigten 3D-Drucke für die Serienproduktion gefertigt wurden. 75 Prozent aller weltweit bestellten 3D-Drucke wurden in den USA, Großbritannien und den Niederlanden geordert. Hier ist auf dem deutschen Markt noch sehr viel Luft nach oben. Und vielleicht die letzte Zahl die das Potential des 3D-Drucks am deutlichsten beschreibt. 24 Prozent beträgt das prognostizierte, durchschnittliche, jährliche Wachstum des 3D-Druckmarktes für die nächsten fünf Jahre. Da auch wir in Nairobi eine 3D-Printingfarm aufbauen, liegt auch hier ein großes Potenzial. Denn im Grunde genommen können wir in Deutschland konstruieren, die Produkte in Nairobi produzieren und so auf aufwendige Logistik, Transportkosten und anfallende Emissionen verzichten und gleichzeitig weitere Arbeitsplätze vor Ort schaffen.

DHB: Mit Ihren Produkten geben Sie recycelten Rohstoffen ein neues Leben. Was können Handwerksbetriebe aus Ihrer Sicht tun, um bei Verbraucherinnen und Verbrauchern nachhaltigen Konsum zu fördern?

Koch: Gerade die Produzenten sollten sich zur Produktverantwortung im Kontext der Kreislaufwirtschaft bekennen. Hersteller und Vertreiber haben demnach während des gesamten Lebenszyklus die Verantwortung für ihre Produkte. Auf dem Weg zu einer wirklichen Kreislaufwirtschaft ist die Produktverantwortung als zentraler Bestandteil unabdingbar, gerade im Hinblick darauf, dass wir als Gesellschaft zu einer absoluten Reduktion des Verbrauchs nicht erneuerbarer Rohstoffe und der Entkopplung des Wirtschaftswachstums vom Rohstoffverbrauch kommen müssen. Erzeugnisse sind möglichst so zu gestalten, dass bei ihrer Herstellung und ihrem Gebrauch das Entstehen von „Abfällen“ vermindert wird und sichergestellt ist, dass die nach ihrem Gebrauch entstandenen „Abfälle“ umweltverträglich verwertet oder beseitigt werden. Abfall ist ja nichts anderes als falsches Material, zu falschen Zeit, am falschen Ort. Deshalb gefällt mir der Begriff Wertstoff eigentlich besser.

DHB: Sie bezeichnen sich selbst als soziales For-Profit-Unternehmen. In Ost-Afrika investieren Sie in Plastik-Recyclinganlagen, um mit den Menschen vor Ort Arbeitsplätze und Perspektiven zu schaffen. Was waren Ihre Beweggründe, sich für diesen Weg zu entscheiden?

Koch: Uns treiben sehr viele Fragen an. Hier ein Beispiel: Wie kann es sein, dass fast ganz Afrika der sogenannten „Dritten Welt“ angehört, obwohl der Kontinent so ressourcenreich ist und was hat das mit Entwicklungshilfe und unserer eigenen Verantwortung zu tun? Die Frage ist komplexe Frage, die Antwort einfach, wenn auch umfangreich. Lösungen gibt es, sogar viele verschiedene. Wir wissen alle, dass die Entwicklungshilfe der letzten Jahrzehnte die Menschen mehr und mehr in Abhängigkeiten getrieben und dort langfristig gehalten hat und hält. Warum also stetig schenken wenn man stattdessen investieren und Arbeitsplätze schaffen kann? Warum Plastik produzieren und den Plastikabfall in andere Länder verschiffen, wenn man Abfälle als Wertstoff behandeln und in eine Kreislaufwirtschaft überführen kann?

DHB: Wie möchten Sie Ihren Betrieb in Zukunft weiterentwickeln?

Koch: Da auch die Filamenthersteller vermehrt auf Recycling setzen, werden sich in den nächsten Jahren auch unsere Möglichkeiten in der Produktkreation erweitern. Zudem werden wir auch andere Produktionsverfahren in den Fokus nehmen. Im Grunde genommen werden wir damit, wie wir unser Geld verdienen und damit, wie wir unser Geld ausgeben positive Entwicklungen anstoßen. Die Ideen sind da, aber noch fehlt es an finanziellen Mitteln um alles umsetzen zu können. Mit Blick auf die Fluchtursachenbekämpfung in Ost-Afrika werden wir gezielt mit Start-Ups Businessideen entwickeln und gegebenenfalls auch anfinanzieren. Zudem würden wir uns auch freuen, geflüchtete Menschen im Saarland die Möglichkeit zu geben, über den Lehrgang „Geprüfte Fachkraft für 3D-Druck und innovative Produktentwicklung“ bei ihnen an der Handwerkskammer des Saarlandes, die Kunst des 3D-Drucks zu lernen und danach bei uns im Team mitzuarbeiten. 

(Quelle: https://www.hwk-saarland.de/de/presse/interviews-statements/statements-fuer-nachhaltigkeit-aus-dem-3d-drucker-1211 )